Internationalismus als politisches Phänomen

Der Internationalismus* ist nicht ur-liberal. Er ist durch verschiedene theoretische Elemente und praktische Einflüsse geprägt. Darunter sind u.a. gewisse Charakteristika der liberalen Theorie und von anderen Theorien, die auf eine (theoretisch vorgestellte oder praktisch vorhandene) internationale Ebene Bezug nehmen. Der 20. Jahrhundert-Internationalismus als damaliges Ideal beinhaltete etwas von den alten internationalen Ideen von Kant, Grotius und anderen Ordnungs-Theorien, war aber theoretisch und praktisch auch im 20. Jahrhundert angesiedelt. Heute hat er teilweise neue Erscheinungsformen. Von manchen wird diese Veränderung als Anpassung des Internationalismus bei Beibehaltung der Grundrichtung interpretiert. Andere sehen das, was man den heutigen Internationalismus nennen könnte (Multilateralismus, multi- und transnationale Organisationen, u.a.) als neues, grundlegend anderes Phänomen, welches sich grundlegend von der internationalistischen Vorstellung unterscheide.

In der Theorie werden verschiedene Formen des Internationalismus schon seit ihrer Entstehung kritisiert, teilweise mit guten idealistischen oder realistischen Argumenten. In der Praxis ist er oft weit von seinen eigenen Idealen und auch von liberalen und anderen Idealen entfernt. Ob man das eher als "notwendigen", weil nicht besser zu bekommenden Realtypus versteht, oder als falsche Richtung und verbesserungsfähig, ist eine Frage der theoretisch und praktisch fundierten Interpretation und Argumenten.

Von eher akteurzentrierten „Verschwörungs-Theorien“ wird der Internationalismus als Ganzes oder in der heutigen multi- und transnationalen Form kritisiert. Der Internationalismus (grundsätzlich oder seine neuere Entwicklung) wird dabei u.a. als „Globalismus“ bezeichnet. Globalismus wird u.a. verstanden als der Versuch bestimmter politischer und wirtschaftlicher Eliten, eine Art oligarchischer Herrschaft auf die internationale Ebene und auf möglichst viele Regionen und Länder auszuweiten.

Der Internationalismus damals wie heute wird also unterschiedlich sachlich interpretiert und ethisch bewertet: U.a.
- als begrüßenswertes Ideal,
- als eher gute, nicht vorhandene, Utopie oder
- als abschreckende dystopische Vorstellung mit der Gefahr einer autoritären Weltregierung,
- als pragmatischer Versuch einer internationalen Ordnung
- als Versuch bestimmter Eliten ihre Positionen von nationalen Legitimationsprozessen (Wahlen, rechtsstaatlicher Verantwortung, u.a.) abzukoppeln,
- als Ausdruck der heutigen strukturellen Entwicklung der internationalen Verhältnisse und Beziehungen zwischen den Gesellschaften und ihrer Teilbereiche (wie Wirtschaft, Politik, Kultur) anhand von technischem Stand und kultureller Folgen, bzw. Wechselwirkungen: Internet, kommunikative Vernetzung (zumindest in der Breite), etc.


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* Der Begriff des Internationalismus hier gemeint im Sinne der neueren internationalen und transnationalen politischen Idee im 20. Jahrhundert, seit Woodrow Wilson, mit dem Völkerbund, inter- und multinationalen Organisationen, etc.


P.S.: Einen interessanten, kritischen (auch gegenüber vielfach in klassisch-liberalen und libertaristischen Interpretationen der Welt etwas oberflächlich hingenommenen Annahmen) Text zum Thema Internationalismus im weiteren Sinne hat der Querdenker Joseph R. Stromberg formuliert: http://www.independent.org/publications/article.asp?id=2460. Stromberg kritisiert dabei den politischen und den wirtschaftlichen Internationalismus als teilweise zusammenhängender Ausdruck von Sonderinteressen und spricht sich gegen eine zu naive Vorstellung von Markt als frei von Herrschaft und Privilegien aus.

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