Montag, 21. November 2011

Sektorale Wirtschaftsstrukturen und heutige 'Krise'

Nach meiner Einschätzung ist folgende Interpretation plausibel: In u.a. Großbritannien (besonders stark) und in den USA (etwas weniger, dank großem Binnenmarkt, High-Tech-Sektor etc.) gibt es ein strukturelles Übergewicht des finanzwirtschaftlichen Sektors. Ein solches kann auf Basis eines fiat-money-Systems nur funktionieren, wenn es genügend solvente Abnehmerländer für das (in der Entstehung ungedeckte) fiat-money-Kapital gibt. D.h. irgendwo muss die Deckung des modernen Geldes (verpfändbares Eigentum und Arbeitspotenzial) vorhanden sein, um das zunächst nur finanz-virtuelle Wachstum weiter zu bedienen. Diese Bedingungen sind aktuell vermutlich nicht mehr gegeben, da Europa (stärker) und die USA (strukturell etwas weniger, da derzeit besseres Arbeits- und Innovations-Potenzial) in der Krise stecken. Und jetzt sogar China schwächelt bzw. versteckte inflationäre Booms bekannt werden.

Deutschland hat eine breitere Wirtschaftsbasis. Leider (im rhetorischen Sinne) ist dies (nationalökonomisch) der Mittelstand und (gesellschaftlich) die 'Mittelschicht'. Die wird bereits von vielen PolitikerInnen instrumentalisiert und phraseologisch verwendet. Immer diese arme "Mitte". Aber diese scheint derzeit einer von zwei Teilen zu sein, der Deutschland relativ besser dastehen lässt als andere:

1. Die untere bis obere Mitte in Ökonomie und Gesellschaft mit ihren Spielregeln, Ethos und Ritualen. Diese sind teils anachronistisch, werden aber trotzdem teilweise noch praktiziert, allerdings eventuell in abnehmender Quantität (vielleicht auch Qualität, wenn es nur noch als schöner Schein verwendet wird -> wie oftmals in der Politik, wobei dies hier auch zum 'System' gehört).
2. Der nicht auf Finanz-Dienstleistung, sondern auf anderen Strukturen basierende Wohlstand der oberen Schichten oder Klassen. Diese finanzieren mit teilweise noch gedecktem Geld den relativen Vorsprung Deutschlands unter den spätmodernen Schuldenstaaten.

Deutschland kann nichts für die britische Krise. Aber Deutschland wird in der europäischen Krise in eine für die gesamte Euro-Zone ausgeweitete Wirtschaftsunion aufgehen. Dann trägt es Verantwortung für deren Überleben und damit auch theoretisch Mitverantwortung für die Exporte und Importe und die Investitionen innerhalb der gesamten Euro-Zone.
Obwohl Verantwortung und autonomes Handeln von Regierungen oder Wirtschaftsakteuren in der Gesamtperspektive vor allem eine (eventuell praktisch unerlässliche) Illusion ist.

Montag, 14. November 2011

Alternativlosigkeit ist kein Instrument

These: Die u.a. so genannte "Alternativlosigkeit" ist unabhängig von ihrer rhetorischen Instrumentalisierung durch verschiedene Akteure. Sie ist grundstrukturell bedingt und wirkt sich auf die Substrukturen der Gesellschaft aus. Wer richtig rät, hat später "recht" gehabt.

Das Traurige und gleichzeitig Beruhigende ist nach dieser strukturalistischen Perspektive: Die Griechinnen und Griechen haben keine Wahl. Damit geht es Ihnen wie den Finnen (trotz kosmetischer Kompromisse wegen ihrer Protestwahl) oder allen anderen Gesellschaften der Euro-Zone.
Weder mit Volksabstimmung(en) noch ohne: Wenn das System noch tragfähig ist geht es weiter. Wenn nicht, gibt es eine Zäsur. Im derzeitigen griechischen Wirtschaftsprotektorat oder in der gesamten Euro-Zone.

Der Euro ist dann tragfähig, wenn er weiter so existieren kann. Dann hätten Angela Merkel und die 'Pro-Einheits-Euro-Fraktion' (nur rückwirkend so formulierbar) "recht" gehabt. Wenn er sich aufspaltet (z.B. durch Austritte einzelner Staaten, durch eine Aufteilung in einen "Nord-" und einen "Süd-Euro" oder durch Parallelwährungen [z.B. in Griechenland Inland: Drachme, Ausland: Euro]) dann passte er (im Rückblick nachzuvollziehen) nicht (gar nie oder nicht mehr) zum derzeit stattfindenden Zentralisierungs- und Postmodernisierungs-Prozess der EU. Dann hätten (aber eben nur retrospektiv so erzählbar) die Euro-Skeptiker "recht" behalten.

Die u.a. so genannte 'Alternativlosigkeit' liegt in beiden Fällen vor. Sie ist stilistisch (und teilweise auf der Mikro- und Meso-Ebene moralisch) übel, aber bestätigt sich in der Makro-Perspektive rekonstruktiv immer. Technokratischen Machtmenschen wie Wolfgang Schäuble würde man vielleicht gönnen, dass die pathetisch verklärten und sozialpositionell (für Partei und Personen) instrumentalisierte "Rettung des Euro" daneben geht. Den Rentnerinnen und Rentnern und den Menschen, die bereits heute einen großen Teil ihres Arbeitslohnes und Vermögens in staatliche und private Renten- und Anlageformen gesteckt haben (und großteils mit systembedingt verpflichtenden Abgaben stecken mussten) gönne ich es aber nicht, dass das Wirtschafts- und Sozialsystem von der praktizierbaren Illusion (dem wirksamen, weil Dynamik erzeugenden Kredit) zur gescheiterten Illusion (weil zu viele Kredite faul waren bzw. geplatzt sind) wird. Die heutige („moderne“) sozialstaatliche Sicherheit ist auf Krediten gebaut, von denen entweder mehr oder weniger tatsächlich/praktisch durch realisierbares Wirtschafts- und Arbeitspotenzial gedeckt sind. Eine Veränderung zu einem „postmodernen“ Sozialsystem kann sich theoretisch entweder in einem Crash des Veralteten oder aber auch als ein Übergang ohne Zäsur ausdrücken. Wer jung und gesund ist, kann sich auch nach einem Crash wieder etwas aufbauen. Diejenigen, die schon viel in das bisherige System investieren mussten, haben wiederum einen umso größeren Verlust. Und die Alten und Kranken, die ethischen Kern-Adressaten eines anonymen großgesellschaftlichen Sozialsystems, wären bei einem Crash zunächst mittellos. Je nach dem, wie lange es dauern würde, bis danach die Wirtschaft wieder in Gang wäre und die praktische Finanzierung (Kapital) und Durchführung (Arbeitskräfte und Institutionen) des Sozialstaates wieder (in einem gewissen Maße) gewährleistet wäre, würde ein Systemzusammenbruch und Neustart eine mehr oder weniger lange Durststrecke für die nicht (oder nur eingeschränkt) selbstversorgungs- oder lohnarbeits-fähigen Bevölkerungsteile bedeuten. Das ist das einzige aber schwerwiegende Argument für das Hoffen auf einen Erhalt des derzeitigen Wirtschafts- und Sozialsystems in seinen Grund-Versorgungs-Strukturen. Ob der Euro dabei so bleibt wie er ist, sich in seiner Form ändert oder (innerhalb des gleichen Grund-Systems) durch einen Post-Euro abgelöst wird, ist eine Frage der Funktionalität. Keine Kategorie der Moral (auf Mikro- und Meso-Ebene) oder der Ethik (als abstrakte Deutungsorientierung).

Montag, 7. November 2011

Skandal im Regierungsbezirk?

Politik als Fortsetzung des gewaltsamen Konflikts mit (mindestens physisch meist) gewaltlosen Mitteln.

Frau Künast scheint - nach einigen Jährchen im "Geschäft" - einen wichtigen Aspekt von Politik verstanden zu haben. Folgende Artikelüberschrift hatte eine dpa-Meldung bei Welt-Online vom 07.11.2011, 10:28 Uhr:


Laut Künast geht Koalitionsbeschluss zulasten Dritter


Skandal?

Donnerstag, 3. November 2011

Volksabstimmung oder nicht (entscheidend)

Die Regierungen der EU-Anführer-Staaten Frankreich und Deutschland haben die Volksabstimmung in Griechenland trotz deren bereits öffentlicher Bekanntheit noch verhindert. Auch wenn sich Präsident Sarkozy und Bundeskanzlerin Merkel dadurch unfreiwillig aber bewusst offen positionieren. Sie sagen damit auch symbolisch aus, dass es innerhalb der Dynamik bzw. Logik der Euro-Rettung keinen Spielraum für Änderungen durch direktdemokratische, repräsentative oder sonstige Veränderungs-Vorstellungen gibt.

Die EU-Vergemeinschaftungslogik (abstrakt) und ihre derzeitigen politischen Spitzenakteure (als Ausdruck dieser Strukturen) scheinen es ernst damit zu meinen, dass sie einen Ausstieg Griechenlands aus der EU machtpolitisch und machtökonomisch nicht wollen. Denn ansonsten hätte man eine Hopp-oder-Top(p)-Volksabstimmung zur Legitimierung der Politik verwenden können.

Hätten die Griechinnen und Griechen zugestimmt, hätte der EU-Dirigismus der griechischen Wirtschaft offiziell als legitimiert dargestellt werden können.
Bei einem Nein hätten allerdings u.a. französische, britische und auch deutsche ‘Systembanken’ (in korporatistischer Verzahnung mit den Zentralbanken und dem Staat) viel virtuelles, aber immer noch teilweise durch Arbeit und Eigentum gedecktes, Geld verloren.

Die Schulden auf dem privatrechtlichen Weg einzutreiben wäre deutlich schwieriger und vermutlich auch verlustreicher gewesen als wenn Griechenland jetzt über die Staatskassen der EU-Staaten finanziert wird und damit seine Bankschulden – mit politisch ausgehandeltem und erzwungenem Schuldenerlass – mittelfristig abbezahlt.

Wenn die Banken ab jetzt noch viel mehr Steuern bezahlen würden, wäre wieder ein – dynamischer oder statischer? – Kreislauf vorhanden.

Montag, 17. Oktober 2011

Roche kauft Pharmafirma

17. Oktober 2011, 07:23, NZZ Online
Roche kauft Anadys Pharmaceuticals


Dass man mit Büchern so einen Erfolg haben kann, stimmt doch optimistisch für die kulturelle Weiterentwicklung der Gesellschaft. ;-)

Samstag, 15. Oktober 2011

Veränderungs-Marxismus

Eine Perspektive

Zuerst kommt die andere Gesellschaft → Dann erst kann (und wird) es 'andere' - andersperspektivierte und dadurch andersperspektivische - Menschen geben. So weit mindestens hatte Marx recht. Das Erzwingen einer Revolution durch einzelnes Handeln von Akteuren ist nicht möglich. Dann wird es höchstens eine Anführungszeichen-"Revolution", also ein (mehr oder weniger wohlwirkender) Schein. Wenn die Zeit so ist, dann ändert sich etwas. Vorher ist Theorie und Show.

Freitag, 14. Oktober 2011

An wen - im Ganzen - zuerst denken, falls ein Staatsumbruch ansteht?

Allgemein könnte sein: Der bisherige Staat wird in der jetzigen Umbruch- und Restrukturierungszeit zum Post-Staat. Es bleibt bzw. wird aber, mit hoher Wahrscheinlichkeit, wieder ein Staat. Und auch der neue Staat wird wieder u.a. soziale Positionen und Sicherheiten verteilen. Daher muss man vermutlich als passend qualifizierter - oder zumindest ausreichend flexibler - Verteidiger einer aktiven Position (Stellung, Amt etc.) nicht so viel Angst vor einem möglichen Staatsumbruch haben. Je nach persönlicher Ausgangslage auch mehr oder weniger vor einem zwischenzeitlichen Staats-Zusammenbruch.
Pensionäre und Rentner hingegen könnten eventuell um die Euro-Rettung fürchten müssen. So sehr man sich manchmal eine Zäsur im politischen Staatsfinanz- und dem daran angeschlossenen Halbprivatfinanz-System wünscht: Es wäre für die, die sich Rente und Altersverosrgung erarbeitet haben, vermutlich nicht von Vorteil. Statt an "die Kinder", die auch nach einem Bankrott, mit vermutlich nicht so viel schwierigeren Bedingungen, etwas aus sich machen können, sollte man hier eher an die älteren MitbürgerInnen denken.

Dienstag, 11. Oktober 2011

Entwicklungsschritt der EU: Wirtschafts- und Finanzunion

(...)

Bislang hatte Merkel solche Änderungen unter Verweis auf die Komplikationen, die sie mit sich bringen können, als nicht aktuell bezeichnet. Sie hatte stattdessen auf Umwege wie die „EU plus“ gesetzt – den Versuch, die EU-Mitglieder Beschlüsse fassen zu lassen, die keineswegs zufällig alle in die Richtung stärkerer Konvergenz bei der Wirtschafts-, Sozial- und Finanzpolitik weisen. Als Beispiel hatte Merkel Anfang Juli die Heraufsetzung des spanischen Rentenalters genannt.

(...)

Zwecks dessen hatte das Treffen anscheinend einen anderen Charakter bekommen, als ursprünglich geplant. Statt nur über Banken zu sprechen, die wegen ihrer Griechenland-Anleihen in die Bredouille geraten sind, kamen Merkel und Sarkozy überein, den großen Wurf zu wagen. Es wird Änderungen am EU-Vertragswerk geben, um das Problem einer gemeinsamen Währungs-, aber nationaler Wirtschafts- und Finanzpolitiken an der Wurzel zu packen.

Merkel sagte, Paris und Berlin suchten eine Lösung, die „eine noch engere und verbindlichere Zusammenarbeit in Fragen der Finanz- und Wirtschaftspolitik der Euro-Mitgliedstaaten mit sich bringt. Dies wird auch Vertragsänderungen mit einschließen.“


Quelle für auszugsweises Zitat: http://www.welt.de/politik/deutschland/article13652814/Jetzt-wagt-Kanzlerin-Merkel-den-grossen-Wurf.html

α - Aus neo- bzw. ordo-liberaler Sicht wäre ein 'EU-weiter Zentralismus' zu kritisieren, weil damit der Kernbereich der Wirtschafts- und Finanzpolitik unter zentrale Verwaltung gerät.
Ω - Aus neo-marxistischer Sicht wäre die Zentralisierung vielleicht zu begrüßen, aber unter subjektiv falscher Führung.

Dadurch wäre eine Anpassung aller EU- (oder zuerst einmal der Euro-)Staaten an eine bestimmte Wi-Fi-Politik möglich. Alle Staaten auf einen zentralen post-modernen Kurs zu bringen kann man als eher gut oder eher schlecht einschätzen oder bewerten.

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